Unterschiede zwischen Stufen- und Funktionstheorie
In der Funktionstheorie werden verminderte Dreiklänge anders interpretiert als in der Stufentheorie.
Beispiel 1:
Die Stufentheorie kennt keine Akkorde ohne Grundtöne (verkürzte Akkorde), die Funktionstheorie hingegen schon.
1a: Der (verminderte) Dreiklang über dem siebenten Tonleiterton in Dur.
Die Stufentheorie betrachtet diesen verminderten Dreiklang als vollständigen Akkord mit Grund,- Terz- und Quintton.
Die Funktionstheorie deutet diesen als Dominantseptakkord ohne Grundton (verkürzter D 7).
D.h. der Ton, der in der Stufentheorie der Grundton ist, wird in der Funktionstheorie als Terzton gehört, der Terz- und der Quintton in der Stufentheorie entsprechen dem Quint- und Septimton in der Funktionstheorie.
1b: Der (verminderte) Vierklang über dem siebenten Tonleiterton im harmonischen Moll:
Vergleichbar mit dem vorangegangenen Beispiel interpretiert die Stufentheorie den tiefsten Ton dieses Akkordes als Grundton, die Funktionstheorie als Terzton. Dementsprechend wird er einerseits verminderter Septakkord der VII. Stufe, andererseits verkürzter Dominantseptnonenakkord mit kleiner None oder kurz Dv genannt.
Herleitung des Septakkordes auf dem 7. Tonleiterton in der Funktionstheorie:
Die unterschiedlichen Bedeutungen der Akkordtöne in den verschiedenen Theorien:
Ein Konflikt ergibt sich mit der Satzregel, den Terzton möglichst nicht zu verdoppeln, weil hier die Frage ist, welcher Ton überhaupt als Terzton gilt.
Beispiel 2:
Auch beim (verminderten) Dreiklang über dem zweiten Tonleiterton im natürlichen oder harmonischen Moll werden die Akkordtöne unterschiedlich interpretiert.
Während in der Stufentheorie (vergleichbar mit Beispiel 1) der tiefste Ton dieses Dreiklangs der Grundton ist, wird in der Funktionstheorie der mittlere Ton als Grundton gehört. Dadurch wird der tiefste Ton zum den Quintton ersetzenden Sextton. Der Grundton ist nun derselbe, wie der Grundton der Subdominante (bzw. der IV. Stufe). Das bedeutet, der Dreiklang über dem zweiten Tonleiterton wird als s6
(siehe s6 ) wahrgenommen.
Auch hier ergibt sich beim Vermeiden der Terztonverdoppelung das Problem, nach welcher Theorie man sich nun richten sollte.